Heute bin ich ausnahmsweise als Erste wach. Mein Freund und unsere Tochter schlafen noch, als ich schon einen Kaffee vorbereite. Mein Blick schweift nach oben. Möwen fliegen am Küchenfenster vorbei. Ich höre einen Hahn und wundere mich kurz – es fühlt sich so seltsam an, einen Hahn krähen zu hören und dabei die Wellen rauschen zu hören. Ich bin in einem kleinen Dorf in Niedersachsen aufgewachsen. Das Meer ist von dort 200 Kilometer entfernt. Dorthin gehört ein Hahnenschrei am Morgen. Nicht nach Frankreich ans Meer…
Ein Streit reißt mich aus den Gedanken. Ein Mann stapft vollbeladen am Fenster vorbei. Seine Frau ist offensichtlich nicht zufrieden mit seinen Packkünsten. Das Auto der beiden steht nicht weit entfernt von unserem mobilen Zuhause auf Zeit. Als 6-Personen-Chalet wurde das kleine Holzhaus auf der Webseite angepriesen. Es klang für mich ein wenig nach kleinem Schloss. Einem Holzschlösschen auf dem Campingplatz. Die Realität sieht ein wenig, nun ja, enger und weniger glamourös aus. Auf ungefähr 25 Quadratmetern befindet sich nicht nur unser Schlafzimmer, sondern außerdem das Bad, eine (immerhin) separate Toilette, Küche, Wohnzimmer und zwei weitere Schlafzimmer. Abgetrennt durch dünne Plastikwände. Zelten Deluxe sozusagen. Ich habe schon wesentlich schlechter Urlaub gemacht.
Der Streit der beiden geht weiter. Nebenan schreit ein Kind. Nicht nur ich bin heute früher aufgestanden als sonst, der gesamte Campingplatz ist bereits auf den Beinen. Heute ist Samstag. Bettenwechseltag in Frankreich. Überall wird gewienert, geflucht, gepackt und schließlich abgereist. Der Urlaub ist vorbei, es geht zurück nach Hause.
Das ist der Moment, in dem mir klar wird: statt zurück in den Norden wird es bei uns gleich weiter in den Süden gehen. Auch wir werden gleich packen und abfahren. Aber unser Urlaub ist noch nicht zu Ende. Wir machen keinen Urlaub. Wir reisen.