Wo nicht nur gut betuchte Pariser Urlaub mach(t)en…
Es ist noch früh am Morgen, als wir am muschelförmigen Strand von Royan entlangspazieren.
Eine hübsche, pompöse Strandvilla steht hier neben der anderen. Wir können uns nicht satt sehen und erwischen einen Mann, der sich gerade genüsslich auf seinem Balkon streckt. Er stolziert dabei im zweiten Stock seiner Villa mit Meerblick von einem Türmchen zum anderen. Als er merkt, dass wir ihn beobachtet haben, lacht er uns zu. Wir winken. Wie ist es wohl, in einem solchen Haus zu wohnen?
Wir müssen uns die Promenade mit auffällig vielen Joggern teilen. Oder fällt uns das nur auf, weil hier erst gestern – am Tag unserer Ankunft in diesem altehrwürdigen französischen Seebad – ein Triathlon stattgefunden hat?
Im Gegensatz zu vielen anderen französischen Orten am Atlantik, an denen wir bisher waren, wirken die Menschen hier auffällig jung und sportlich.
Es gibt nicht nur Touristenläden, sondern auch „echte“ Klamottenläden, Bäckereien, Schlachter, Buchläden. Eine willkommene Abwechslung für uns.
Kochen werden wir in dieser Woche hier in Royan nicht viel. Das wird uns klar, als wir die Markthalle betreten. Sie ist eines der Wahrzeichen der Stadt und hat von Dienstag bis Sonntag geöffnet.
Drinnen riecht es nach Oliven, frischem Baguette, Fleisch, Fisch und Tomaten – und das alles gleichzeitig. Viele Speisen kann man schon fertig zubereitet kaufen. Wir probieren fast alles und sind froh, erst Mittags hergekommen zu sein. Viele Händler packen schon ein. Die Halle lehrt sich zunehmend. Trotzdem herrscht noch großes Gedränge.
Zurück am Strand verspeisen wir unsere Beute. An der Promenade blicken wir auf großformatige schwarz-weiß Fotos, die daran erinnern wollen und sollen, wie viel prachtvoller Royan früher ausgesehen haben muss. Im 19. und 20. Jahrhundert war die Stadt ein mondäner Badeort. Der Zweite Weltkrieg veränderte alles: Deutsche Truppen besetzten die Stadt, die Briten bombardierten Royan im Januar 1945 aus der Luft. Danach stand fast nichts mehr. Nur ein paar Strandvillen überstanden den Luftangriff. Heute stehen sie Stein an Stein mit den schmucklosen Nachkriegsbauten.
Heute ist Royan nicht nur bei gut betuchten Parisern beliebt. Wir sind während der Suche nach weiteren Surfspots an der französischen Atlantikküste auf das kleine Städtchen mit rund 18.000 Einwohnern aufmerksam geworden.
Weil der größte Strand von Royan, der Plage de la Grande-Conche, in einer relativ ruhigen Bucht liegt, kann man hier gut Kayak fahren, Stand Up Paddelboards ausleihen, Segeln oder schlicht schwimmen. Zum Surfen muss man einfach nur 2 km weiter zum Plage de Pontaillac fahren, der auch noch in Royan und in einer wunderschönen Bucht zwischen Steinklippen liegt. Dort haben wir uns für 45,- Euro für vier Stunden im Maracuja Surfshop ein Surfboard und zwei Wetsuits gemietet und uns in die teilweise über drei Meter hohen Wellen gestürzt. Abwechselnd natürlich, da immer einer auf unsere Tochter aufpasst.
Verlassen werden wir die Stadt mit dem Boot: im Hafen startet mehrmals täglich die Autofähre nach Le-Verdon-sur-Mer auf die andere Seite der Gironde-Mündung. Will man weiter in den Süden Frankreichs fahren, muss man entweder am Gironde entlang ins Landesinnere und ab Bordeaux wieder zurück an den Atlantik fahren – oder man überquert den 15 Kilometer breiten Mündungstrichter von Royan aus mit dem Schiff.